Kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis
Da ein 1-Euro-„Job" kein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ist, erklären und erklärten sich BfA und Sozialamt als Reha-Träger sowie das Integrationsamt nicht zuständig, die Fahrtkosten zu übernehmen. Ich wurde auf die Agentur für Arbeit als Vermittlerin verwiesen.
Die Agentur für Arbeit vermittelt in diesem Punkte jedoch leider kein einheitliches Bild. Die zuständigen Mitarbeiterinnen im Jobcenter betonen zwar, dass die Arbeitsagentur zuständig sei, doch der zuständige Arbeitsvermittler verneint das kategorisch. Der Fallmanager versucht sein Möglichstes, jedoch sind auch ihm die Hände gesetzlich gebunden. Wie alle bisher angesprochenen Stellen würde er ja liebend gerne helfen, aber die Gesetzeslage …!
Dass trotz der bekannten Vorlaufzeit für Telebus-Bestellungen keine schnelle und verbindliche Entscheidung möglich sein würde, ist schnell klar geworden. Dennoch habe ich, da ich kein Einzelfall bleiben werde, beantragt, entweder die Zuständigkeit der Arbeitsagentur amtlich feststellen zu lassen oder eine landesrechtliche Regelung des Problems zu finden. Aufgrund der Dringlichkeit bat ich um eine provisorische Einzelfallregelung für mich, dies bereits Mitte Dezember direkt an die Sozialsenatorin Knake-Werner. Sie gab den Antrag an die in ihrem Hause zuständige Abteilung, die noch daran arbeitet. Eine Empfehlung zum Umgang mit der Beförderungsproblematik und den Kosten wurde von SenGesSozV an SenWiArbFrau geschickt. Ich sprach SenWiArbFrau ebenfalls direkt an, jedoch das relevante Gremium in diesem Hause tagt erst wieder Mitte Februar! Nun heißt es aussitzen und eifrig das Taxi-Konto der BZA strapazieren.
Gesetzliche Vorgaben
Das eigentlich für erwerbsfähige Menschen nicht mehr bestehende Sozialamt könnte die Sache bearbeiten, sobald eine Ablehnung der Übernahme der Fahrtkosten von der Arbeitsagentur vorliegt. Die Bundesagentur für Arbeit bemüht sich angeblich auf höherer Ebene, diese Gesetzeslücke zu schließen. Zwar steht im SGB II im Kapitel 1 „Fördern und Fordern" unter § 1 „Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende": „Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass
1. durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
… und
5. behindertenspezifische Nachteile überwunden werden."
So steht es also nominell im neuen Gesetz: Für Menschen mit Behinderung sollen Ausgleiche geschaffen werden. Und so steht es gleich im ersten Satz des Gesetzes! Und nun das!
Der Petitionsausschuss des Bundestages hat die Beschwerde an den Senat weitergereicht, der es aktuell bearbeitet. Mehrere Parteienvertreter/-innen engagieren sich auf Ansprache und werden das Problem in die Gremien tragen, der Landesbehindertenbeauftragte, Martin Marquard, ebenfalls. Karl Hermann Haack, der Bundesbehindertenbeauftragte, das BMGS, das Weibernetz Kassel, das Netzwerk behinderter Frauen, eine Journalistin (DBR-Mitglied) wurden über die missliche Lage informiert. Trotzdem heißt es immer noch: aussitzen.
Und dann die Krönung:
Wegen der hohen Fahrtkosten und eines fehlenden Kostenträgers für ebendiese habe ich mich entschlossen, einstweilen ehrenamtlich an besagter „Stelle" zu arbeiten. Der zugesagte 1-Euro-„Job" ist ja eben wegen der Transportkosten vorerst gescheitert. Im Moment verdiene ich also nichts.
Und das nimmt mir der BZA nicht ab! Was kann ich dafür, dass es die vorgesehene Trägerfirma bis zum 07.01.05, angeblich wegen Überarbeitung, nicht schaffte, diesen Tatbestand schriftlich zu bestätigen? Nein, der BZA strich aus eigener Machtvollkommenheit einfach am darauf folgenden Montag die gebuchte Hinfahrt ohne Ankündigung! Das Taxi-Konto musste also herhalten. Was kann ich dafür, dass der BZA meiner immerhin schriftlich abgegebenen Erklärung keinen Glauben schenkt? Was kann ich dafür, dass mein Chef erst am selben Nachmittag Zeit fand, seine Bestätigung an den BZA zu schicken? So wurde mir die Spontananmeldung für die Heimfahrt verweigert. Begründung: Es stehe noch so im PC; man könnte sich bei Nichtbeachtung eine Rüge einfangen! Also musste das Taxi-Konto nochmals bluten! Wie oft wohl noch in den nächsten Tagen?! Das erlaubte Limit an Taxifahrten dürfte bald überschritten sein.
Ich finde es erschreckend maßlos vom BZA, einer Akademikerin, die für 1.50 EUR (und nun auch für 0 Cent!) bereit (und gezwungen!) ist zu arbeiten, das Leben noch unnötig schwerer zu machen. Vielen Dank dafür! Fährt der BZA – selbst Opfer des Kürzungswahns – auf diese Weise etwa eine Retourkutsche für das Verhalten der Verwaltung, aber jetzt gegen die Schwächeren? Die äußeren Rahmenbedingungen für eine sinnvolle Betätigung von telebusberechtigten Menschen sind mit den geplanten neuen Zuzahlungsbedingungen ohnehin eng genug gesteckt worden.
Heike Oldenburg
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