Do 24. März 2005
Welt am Sonntag
Taxi-Ruf übernimmt den Telebus
für Behinderte
von Joachim Fahrun
Der Taxi-Ruf "City-Funk" soll ab 1. Juli in Berlin den
Behindertenfahrdienst Telebus organisieren. Ein Vertrag darüber
wurde gestern paraphiert. Mit dem neuen Modell will die
Sozialverwaltung langfristig fünf Millionen Euro einsparen, ohne
die Mobilität von Rollstuhlfahrern und anderen behinderten
Menschen zu stark einzuschränken. Über die Taxi-Zentrale soll es
den 20 000 Telebus-berechtigten möglich sein, Wagen flexibler
als heute anzufordern. Zugleich soll aber die Eigenbeteiligung für
Nutzer steigen, die den Telebus häufiger als acht Mal monatlich
fahren wollen.
Der Vertrag mit dem bisherigen Telebus-Betreiber, dem von den
Wohlfahrtsverbänden getragenen Berliner Zentralausschuß für
soziale Aufgaben (BZA) war unter wütenden Protesten gekündigt
worden. Auch der Versuch der Sozialsenatorin Heidi Knake-
Werner (PDS), die BVG als Leistelle für den Service zu gewinnen,
scheiterte nach fast einjähriger Diskussion.
Die Taxi-Funker sind nun Vertragspartner in einer neuen
Trägerstruktur für den Telebus. Dach ist das von der EUgeförderte
und von der Freien Universität wissenschaftlich
begleitete Projekt Tellus. Darin wird die Verknüpfung von
öffentlichem und privatem Nahverkehr in Städten erprobt. Bei
Tellus arbeiten auch die Senatsverkehrsverwaltung und die BVG
mit.
Die Fuhrleistungen hat die Sozialverwaltung ausgeschrieben,
mehrere Angebote sind eingegangen. Langfristig strebt Senatorin
Knake-Werner an, mehr Behinderte zu motivieren, sich
eigenverantwortlich im öffentlichen Nahverkehr zu bewegen. Die
BVG habe sich im Vertrag verpflichtet, mit Rollstuhlfahrern das
Einsteigen in Busse zu trainieren. Ist ein Aufzug zu einem UBahnhof
kaputt, muß die BVG dafür sorgen, daß der behinderte
Fahrgast dennoch weiterkommt. Auch seien Berlins
Taxiunternehmen aufgefordert, mehr behindertengerechte Taxis
anzuschaffen. Dann, so die Hoffnung, werde ein eigener
Fahrdienst in Zukunft verzichtbar. Nur noch ein regional
organisierter Treppendienst, der Behinderten hilft, in Wohnungen
zu gelangen, sei dann noch notwendig. Hier sieht Knake-Werner
ein gutes Einsatzfeld für 1-Euro-Jobs. In der alten Struktur hat der
Telebus jedes Jahr zwölf Millionen Euro gekostet. Inzwischen
wurden 40 Prozent der Fahrten herausgerechnet, die zum Arzt
und zur Arbeit führten. Diese müssen Krankenkassen oder andere
Kostenträger finanziert. Berlin bleiben die Freizeitfahrten.